gTértön

gTértön

Detail einer tibetischen Mauer

Dieses Fresko eines gTertöns zeigt wahrscheinlich Chö’gyür Lingpa (’gro ’dul mChog ’gyur bDe chen gLing pa – 1829-1870). Chögyür Lingpa war ein gTértön und ein Zeitgenosse von Jamyang Khyentsé Wangpo und Jamgön Kongtrül. Er wurde als einer der Haupt-gTértöns angesehen. Seine gTérmas werden sowohl von der Nyingma-Tradition als auch von der Drukpa Drigung Kagyüd-Tradition, welche eine große geistige Verwandtschaft mit der Nyingma Ngak’phang Tradition hat, praktiziert.

Dieses Bild ist sehr interessant bezüglich der Art und Weise, wie es die Wahrzeichen und die Ausstattung eines Ngak’phang Lamas zeigt. Der dargestellte Lama ist ein gTértön, offensichtlich ein Entdecker eines Sa gTérs oder „Erd-Schatzes“ (1), denn er hält auf die gleiche Weise ein gTér-Kästchen wie der Tértön, der den Chang gTér (byang gTer) oder die „Nördlichen Schätze“ enthüllte.(2)

Er trägt den Nyingma Ögyen Zahorma Hut und einen weißen Shamthab oder Rock. Der weiße Shamthab des Gö kar chang-lo’i dé (gos dKar lCang lo’i de) ist im Stil genau gleich wie der Shamthab der Mönche und Nonnen, er unterscheidet sich nur in der Farbe. Er hat einen Phurba in seinem Gurt, was charakteristisch ist für einen Nyingma-Tantriker. Ein anderer Phurba befindet sich vor ihm auf dem Throntisch zusammen mit einem dreieckigen Kästlein, um seine Kraft anzuzeigen, Negativität bezwingen zu können. Er ist eingehüllt in die rot-weiß-blaue Robe eines Ngakpas, jedoch mit königlichen Mustern.

Ngak’chang Rinpoche sagt über diesen Stil von Ngak’phang Roben:
Diese prächtige Brokat-Kleidung ist etwas, das normalerweise eher in Zusammenhang gebracht wird mit den Höchsten in der Klosterhierarchie. Hier aber repräsentiert sie „Königlichkeit“ im Sinne der großartigen Kraft von Vajrayana, alle Erscheinungen umwandeln und Negativität mit bloßer nichtdualer Großartigkeit einschüchtern zu können.

1 Das Wort gTérma kann mit „Visionäre Offenbarung“ übersetzt werden, aber dieser Ausdruck genügt nicht, die Tragweite der Belehrungen, Praktiken und inspirierenden rTen (sKu gSung thugs rTen) zu beschreiben oder die Unterstützung für die Praxis, welche sich auf Körper, Rede und Geist bezieht. gTérma ist die wichtigste Art der Übertragung für den Gö kar chang-lo’i dé (gos dKar lCang lo’i de). Die Arten der Übertragung innerhalb der Nyingma Tradition sind folgende:

  • Ka’ma (bKa’ma) mündliche Übertragung der frühen Übersetzungen der traditionellen drei Körbe der buddhistischen Belehrungen, welche in ununterbrochener Folge von Lama zu Schüler weitergegeben worden sind bis zum heutigen Tag.
  • sa gTér – Schatz
  • gong gTér (dGongs gTer) – Geistschatzoffenbarung, entdeckt durch gTertöns.
  • yang gTér – Belehrungen eines vergangenen gTérmas, die zum zweiten Mal enthüllt werden (vom Aro gTér sagte man, dass er in diese Kategorie falle, aber nach Ngak’chang Rinpoche ist das nicht zutreffend, da er ihn eher Stück für Stück erhielt und nicht als eine komplette Übertragung von Khyungchen Aro Lingma).
  • dang-ngang gTér (dag sNang gTer) – gTér der reinen Vision (wie z.B. der Aro gTér), welcher von einem erleuchteten Wesen, aber nicht von Padmasambhava empfangen wurde (zum Beispiel in der Drukpa Kagyüd Tradition gibt es einen gTér von Milarépa und der Aro gTér ist ein gTér von Yeshé Tsogyel).
  • Jé-dran gTér (rJes dran gTér) – gTér der Erinnerung
  • Nèn-gyüd gTér (sNyan brGyud) – gTér, der durch Hören direkt von einem erleuchteten Wesen empfangen wird.

2 Rig’dzin Go-dem (rig’dzin rGod kyi lDem ’phru can – 1337-1408) brachte „Gongpa Zangthal Gyüd“ (dGongs pa zang thal rGyud) hervor, das „ungehinderte Durchscheinen der Verwirklichung von Tantra“. Er war einer der gTértön Chenpo Sum (gTer sTon chen po gSum). Die drei großen gTertöns waren Nyima ’ö-Zér (Nyi ma ’od zer), Guru Chöwang (gu ru rin po che chos kyi dBang phyug) und Rig’dzin Go-dem. Nyang-ral Nyima ’ö-Zér, der im 12. Jahrhundert und Guru Chöwang, der im 13. Jahrhundert lebte, sind bekannt als Sonne und Mond. Die gTérmas, die sie entdeckten, heißen „Oberes gTérma“ und „Unteres gTérma“.