Ngak’chang Rinpoche

Ngak’chang Rinpoche

teaching on yeshé ’cholwa

Dieses Portraitfoto von Ngak’chang Rinpoche wurde 1990-91 in Shaftsbury, Dorset gemacht. Ngak’chang Rinpoche trägt seinen formellen Ermächtigungsschal – welchen er später seinem Schüler Ralzhig Pema Legden schenkte. Er trägt das yogische Takdröl Haarornament das ihm von Lama Yeshé Dorje Rinpoche 1981 in McLeod Ganj gegeben wurde. Chhi’mèd Rig’dzin Rinpoche sagte Ralzhig Pema Legden, dass nach seinem Dahinscheiden Ngak’chang Rinpoche Verrückte Weisheit manifestieren werde. Als Ngak’chang Rinpoche zu dieser Aussage befragt wurde, sagte er: „Chhi’mèd Rig’dzin Rinpoche gab eher Ralzhig Ansporn, als auf irgendetwas besonderes an mir zu verweisen. Die innere Bedeutung dieser Aussage spielt auf die Tatsache an, dass ich mich ohne richtige anleitung wahrscheinlich lächerlich verhalten würde.“

Bei einem anderen Anlaß wurde Ngak’chang Rinpoche zu dem Phänomen der Verrückten Weisheit im Kontext zu Dorje Tröllö befragt, und seine Antwort war:
Verrückte Weisheit ist auf tibetisch Yeshé ’cholwa (ye shes ’chol ba). Yeshé bedeutet ursprüngliche Weisheit. Yé bedeutet ursprünglich. Shé bedeutet Wissen. Also bedeutet Yeshé ursprüngliches Wissen – Wissen, das nicht erschaffen wurde. Das Wort ‚shérab‘ bedeutet Sachkenntnis – Sachkenntnis, die durch Erfahrung entsteht, Sachkenntnis die sich in Etappen entwickelt. Yeshé jedoch entsteht nicht stückweise; sie erhebt sich vom ursprüngliche Rigpa. Das wird auch ye-rig genannt. ’Cholwa bedeutet Wildheit – also bedeutet Yeshé ’cholwa ‚wildgewordene Weisheit‘ aber es bedeutet auch nicht-duale Unhöflichkeit und nicht-duale Schroffheit.

Die übliche Übersetzung ‚Verrückte Weisheit‘ wird besonders von einer Anzahl westlicher buddhistischer Lehrer falsch verstanden. Man kann nicht ‚seine eigene Verrückte Weisheit entdecken, indem man Fremden Lollis anbietet‘. Man kann nicht ‚seine eigene Verrückte Weisheit entdecken, indem man ohne ersichtlichen Grund miaut‘. Das sind beides Zitate aus einem Buch. Das ist ebenso banal wie lächerlich. Zur Einleitung hätte ich erwähnen sollen, dass Chhi’mèd Rig’dzin Rinpoche mich einmal als ‚einen großen Diplomaten‘ beschrieben hat. Das hat er nicht aus Höflichkeit gesagt. Ich denke, man sollte nicht so sein; aber so bin ich nun mal, und manchmal kann ich einfach nicht anders. ‚Ein großer Diplomat‘ zu sein bedeutet, beim Lehren, dass man mit dem dualistischen Zustand verwickelt ist. Wenn man mit dem dualistischen Zustand kommuniziert, versucht man den dualistischen Zustand nicht zu verärgern. Man schmeichelt dem dualistischen Zustand. Man ist freundlich zu dem dualistischen Zustand, um ihm beizubringen, dass man an einem gewissen Punkt gezwungen sein könnte ihn zu ermorden. Das wird jedoch eine Weile dauern und man will dem dualistischen Zustand versichern, dass er nicht wirklich sterben wird. Das bedeutet es ‚ein großer Diplomat‘ zu sein. Es ist auch ein ziemlicher Verrat – aber es ist auch diplomatisch. Yeshé ’cholwa hat mit Diplomatie nichts zu tun. Yeshé ’cholwa ist unhöflich zur Dualität. Yeshé ’cholwa benutzt Kraftausdrücke, wenn sie sich mit Samsara unterhält. Yeshé ’cholwa bedient sich grober Ausdrücke, ist verächtlich und macht lächerlich. Yeshé ’cholwa bewirft Dualität mit Schimpfwörtern. Deswegen wird sie wildgewordene Weisheit oder ‚Verrückte Weisheit‘ genannt, weil Nicht-Dualiät aus der Sicht von Dualität verrückt erscheint. Dualität meint, Lamas sollten Dualität respektieren – und nett, höflich, demokratisch, gesund, biologisch abbaubar und überhaupt gut sein. Aber Yeshé ’cholwa überbringt keine Höflichkeiten. Yeshé ’cholwa überbringt Vulgarität, Unhöflichkeit und Abweisung. Yeshé ’cholwa arrangiert sich nicht mit Dualität; sie gibt Dualität keinen Platz, sie drängelt sich an der Bushaltestelle vor, sodass Dualität den Bus verpasst und in die Gosse fällt.

Wenn wir Dorje Tröllö praktizieren, müssen wir Dorje Tröllö werden – und Dorje Tröllö zu sein, bedeutet, absolute Unhöflichkeit für unseren eigenen dualistischen Zustand zu zeigen. Das ist die Verrücktheit der Verrückten Weisheit. Dorje Tröllö zu sein ist, einen großen Kübel Unrat zu öffnen in bezug auf unsere Tendenzen Drüpthab umzuformulieren – entweder als die Wörter, die wir in liturgischen Drübthabs vorfinden oder in der semantischen Struktur des Drüpthab der Sprache des Lamas. Wir müssen dieses Durchfunkeln des erleuchteten Zustandes spüren. Wir müssen die strahlende Unhöflichkeit des Vajra-Vulgärs Dorje Tröllö berühren, dessen strahlende Grobheit, strahlende Unverschämtheit, strahlende Verachtung, strahlender Hohn, strahlender Spott, strahlende Verächtlichkeit ist alles verzehrend. Yeshé ’cholwa weist den dualistischen Zustand im Hand umdrehen ab. Yeshé ’cholwa gibt ihm keinen Platz. Yeshé ’cholwa lässt keine Ausreden für Dualität gelten, Yeshé ’cholwa gibt ihm keine fünf Minuten Aufschub; der Wecker klingelt nicht zum zweiten Mal. Daran ist etwas vollkommen Unverblümtes.