Thrinlé Khandro

Thrinlé Khandro

Thangkamalerei-Schülerin von Khandro Déchen

Als Teenager wollte ich botanische Zeichnerin werden. Unglücklicherweise war ich gut in Naturwissenschaften, daher ging ich stattdessen zur medizinischen Fakultät. Es war wirklich interessant zu erfahren, wie der Körper funktioniert – aber das Examen wurde schwieriger und ich musste aufgeben.

Ich verbrachte die nächsten zwanzig Jahre damit, neue Handwerke zu lerne und Mutter zu sein. Abgesehen vom Dasein als Mutter gab es nichts, was ich wirklich mit Leidenschaft verfolgen wollte, daher fand ich es immer aufregend, neue Handwerkstechniken zu lernen. Ich arbeitete mit Kindern und Leuten mit Lernschwierigkeiten. Ich unterrichtete Klassen und hielt Workshops, organisierte Projekte, sorgte für die Verpflegung großer Gruppen und verkaufte meine handgemachten Gegenstände. Ich dachte daran, Weberin zu werden – dann eine Töpferin – und war es für eine Weile, aber bewegte mich dann auf etwas Neues zu. Nach fünfzehn Jahre musste sich etwas ändern. Nachdem ich ihre Bücher gelesen hatte, nahm ich mir vor, Ngak’chang Rinpoche and Khandro Déchen kennen zu lernen und hatte das Glück, nicht nur sie zu finden, sondern auch als Apprentice angenommen zu werden.

Ich habe Thangkamalerei bei Ngak’chang Rinpoche und Khandro Déchen vier Jahre studiert. Zuerst dachte ich, ich würde es einfach interessant finden, an einem Thangkamalerei-Retreat teilzunehmen, aber bald begann ich zu spüren, dass die Vajrayana-Bilder und Zeichnungen etwas darstellten, dass ich mit wesentlich größerer Ernsthaftigkeit verfolgen wollte, als es zuvor mit irgendetwas, dass ich ausprobiert hatte, der Fall gewesen war.

Der Reichtum der Farben, Bilder und des Symbolismus’ ist erstaunlich inspirierend. Die Farben, die im Stil der Thangkamalerei von Ngak’chang Rinpoche und Khandro Déchen benutzt werden, sind besonders dynamisch und die Linien sind klar und schön. Alles, was auf dem Thangka dargestellt wird, hat eine Bedeutung, und die Bedeutung dieser Bilder und Symbole ist für mich der beste Weg, mich an die Lehren zu erinnern. Ein Beispiel hierfür ist der hohe Grad an Aufmerksamkeit, der den abgebildeten Symbolen zukommt. Die einfache Komposition der Thangkas erlaubt es, die verwendeten Symbole ganz präzise darzustellen: jede Perle der Menschenknochen-Friedhofsornamente ist ein individuell umrissener Kreis. Die Muschel-Opfer und Lang-Lebens-Bögen sind ebenso vollständig präzise – sie zeigen die männlichen und weiblichen Formen der Bogen-Flüge als Fortschreiten der Elementfarben von Leerheit zu Form und von Form zu Leerheit.

Die Thangkamalerei hat viele Aspekte. Die Vorbereitung der Leinwand, zeichnen, malen, arbeiten mit Airbrush. All dies ist eine Herausforderung, als Anfänger wirkte es auf mich ziemlich erschreckend. Ngak’chang Rinpoche und Khandro Déchen sind so ermutigend und geduldig, sie ließen mich optimistisch bleiben, als meine ersten Versuche so ungeschickt und unfertig waren.

Es war ein langer Prozess, dieses Handwerk zu lernen. Im ersten Jahr arbeitete ich am Zeichnen von Linien, Durchpausen, Vergrößern, Anpassen und Erstellen von Bildern. Im nächsten Jahr hatte ich das Glück, die Aufgabe zu bekommen, einen Vajra und Lotus in allen fünf Farben zu zeichnen – einen Zeichenübung mit gleichzeitigen Nutzen. Im darauf folgenden Jahr habe ich an weiteren Linien-Zeichnungen gearbeitet; den Designs für die Übertragung auf Schatzvasen. Mit Ngak’chang Rinpoches konstanten Berichtigungen sind diese möglicherweise ganz gut gelungen.

In jedem Lernstadium spürte ich, dass sich mein Verständnis der Lehren vertieft hatte. Ich sehe die Elemente in den Dingen um mich herum, schätze die Schönheit der Form und Farbe in dem, was ich sehe.

Im letzten Jahr begann ich ungeduldig zu werden. Ich wollte ein Thangka beginnen. Khandro Déchen schlug vor, mit dem Malen einer Linien-Zeichnung zu beginnen, die sie schon von A-yé Khandro beendet hatte. Ein unkompliziertes Bild für den Anfang.

Das erste Thangka ist nun fertig. Ich kann so viele Fehler darin sehen, dass ich es nie wagen würde, es jemandem zu geben, aber jetzt, da ich mein zweites begonnen habe, bin ich zuversichtlicher. Das Vertrauen entsteht durch meine Lehrer, deren Ermutigung mich dazu bringt, Verbesserung und Fortschritt zu wollen. Ich weiß, dass ich außerordentliches Glück hatte.

Ich liebe die Präzision des Handwerks, Perfektion in jedem Pinselstrich oder jeder Stiftlinie anzustreben. Ich liebe die dynamischen Farben, die scharf gestochen Kontraste oder sanften Schattierungen, von dunkel zu hell. Es gibt im Prozess keine Stufe, für die weniger als mein Bestes gut genug ist. Es ist immer den Aufwand wert, sich die Mühe zu machen, so gut wie möglich zu arbeiten, 100%. Eine gute Lektion für das tägliche Leben.

Ich habe vor kurzem eine Ausbildung zur Lehrerin an einer Waldorfschule gemacht und habe nun einen geschäftigen Vollzeitberuf. Ich bin weiterhin eine Thangkamalerin, obwohl es schwierig ist, alles zu vereinbaren. 25 Jahre nach meinen frühen Versuchen will ich nun eine Illustratorin von Symbolen der Aro gTér-Linie sein. Es ist so wichtig, diese inspirierenden Bilder zu haben und wenn ich jemals eine ausreichend gute Zeichnerin werden kann, um bei ihrer Herstellung zu helfen, werde ich äußerst glücklich sein. Der Prozess des Lernens ist in jedem Fall aufregend, herausfordernd und ungewöhnlich interessant. Mein unbegrenzter Dank gilt meinen Lehrern dafür, dass sie mich so weitgebracht haben.