Ngakma Pema Zangmo

Ngakma Pema Zangmo

sNgags ma pad ma bZang mo

… die Yidams tanzen mit nackter Würde kühn von der Leinwand.

Seit ich mich erinnern kann habe ich Malen und Zeichnen geliebt. Kunst ist wie meine Haut – sie scheint ständig da zu sein. Als ich etwa vier oder fünf Jahre alt war, fragten mich alte Leute häufig: Was willst du mal werden wenn du groß bist? Darauf antwortete ich: Eine Künstlerin. Eine Dame verängstigte mich, indem sie sagte: Künstler sind alle verrückt. Ich verstand nicht, was sie mit Verrücktheit meinte, aber es schien schlecht zu sein. Von diesem Punkt an erzählte ich allen, dass ich eine Nonne werden würde – und das schien sie glücklich zu machen. Es ist merkwürdig darüber nachzudenken, dass – abgesehen davon nicht zölibatär zu sein – es so scheint, als habe ich diese beiden Bestrebungen kombiniert. Ich bin jetzt eine ordinierte Ngakma und eine Thangkamalerin. Aber die Reise zu diesem Punkt war nicht einfach.

In der Zwischenzeit malte ich Damen mit fliegenden orangenen Haaren und ausschweifend gemusterten Röcken (ich malte immer das gleiche Thema). Eines Tages beschlossen alle Kinder in der Klasse es mir nachzumachen. Die Lehrerin mochte es und hängte alle Bilder an der Wand auf. Das war ein großartiger Moment für mich, da alle meine sonstigen Anstrengungen in der Schule unglücklich und schwierig waren. Als ich die Damen mit orangen Haaren Ngak’chang Rinpoche gegenüber erwähnte, sagte er: Das hört sich an wie Dakinis mit flammendem, zornvollem Weisheitshaar.

Auch weiterhin tat ich mich in Kunstseminaren, mein ganzes Leben hindurch, hervor. Praktische Themen wie Nähen oder Kochen sind mir immer zugeflogen. Akademische Leistungen hingegen waren da schon eine andere Sache – aber wie Ngak’chang Rinpoche betont hat: Der Intellekt ist wertvoll, aber nicht unentbehrlich. Einzig Hingabe ist unentbehrlich. Im Vergleich zu der Schularbeit, fand ich Jungs weitaus interessanter und entwickelte ein reichhaltiges Liebesleben. Einer meiner Freunde nahm mich mit zu einem Mann, der sich selbst als ein ‘Buddha’ bezeichnete.

Ich war sehr jung und er schien, im Vergleich zu dem, was ich über Religion bis dahin wusste, interessant und sexuell lebendig zu sein. In diesem Haus sah ich viele Bilder der tibetischen buddhistischen Traditionen und ich war davon begeistert, zu lernen wie man diese merkwürdigen Wesen malt. ‘Der Buddha’ hingegen sagte, er habe schon einen Thangkamaler und dass ‚diese Sachen nichts für Mädchen wären.‘ Er ließ mich verschiedene Symbole sticken. Es schien so, als ob Nähen eine für Mädchen angemessene Sache sei. (Ich war sehr glücklich darüber, später herauszufinden, dass Ngak’chang Rinpoche and Khandro Déchen eine völlig andere Sicht davon hatten.) Wie auch immer – ich hatte eine kleine Malbox mit Wasserfarben und übte das Malen von Bildern – ohne groß darüber nachzudenken – mit nur einigen wenigen Strichen (ich bin damit durchgekommen, weil es nicht ernsthaft war, und die Dinge die ich malte, waren manchmal ziemlich merkwürdig). Das Leben mit dem ‘Buddha’ stellte sich als etwas anderes heraus, als das, was es anfangs zu sein schien. Letztlich war er eben doch kein Buddha – sondern nur eine merkwürdige neurotische Person, die zum Großteil nicht viel anders war als jeder Andere auch. Ich entschloss mich dazu eigene Wege zu gehen.

Ich begann Bilder aus Büchern zu kopieren und versuchte sie zu malen. Ich hatte keine Ahnung was ich da eigentlich tat, aber es schien so, als brauchte ich das Malen. Ich malte in verrückten Farben. Ich unternahm ein Tagessretreat um Ma-gÇig Labdrön zu malen. Der Karton, den ich benutzte, war rau (wegen eines schlechten Ratschlags einer Person aus dem Kunstgeschäft) und in meinem Retreat kämpfte ich damit auf unebenem Karton zu zeichnen. Das Ergebnis war eine Katastrophe – aber ich war im Retreat und konnte deswegen nicht rausgehen und Papier besorgen. Ich gab trotz des unebenen Kartons nicht auf und so zeichnete ich Ma-gÇig Labdrön trotz der Hindernisse.

Ich sehnte mich nach einem Lehrer, der mir helfen würde. Mein lieber Ehemann Ngakpa ’ö-Nyi Dorje kam eines Tages mit einem Buch von Ngak’chang Rinpoche nach Hause. Wir mochten es beide sehr. Kurz danach sahen wir eine BBC Fernsehdokumentation über Buddhismus in Wales. Sie hieß ‘Der Lotus und der Lauch’ und portraitierte Ngak’chang Rinpoche und Ngala Nor’dzin Pamo. Ich dachte mir: Das ist großartig. Und wir gingen zu Belehrungen von Ngak’chang Rinpoche nach Cardiff.

Dieses Treffen war für mein Leben wie Wasser für eine Blume. Mein Training zur Thangkamalerin hatte schließlich begonnen. Wir wurden Apprentices. Mehrere Jahre später war Ngak’chang Rinpoche an einem Übergangspunkt und brauchte ein Zuhause – also luden wir ihn ein mit uns zu leben. Er nahm an. Ngak’chang Rinpoche kam zu uns nach Hause und begann mich zu lehren und alles schien sich zusammen zu fügen. Ich arbeitete jeden Tag an meinem Zeichnen und Malen. Ngak’chang Rinpoche saß neben mir und schrieb Briefe in dem kleinen dunklen Raum im hinteren Teil unseres Hauses. Manchmal kam ich am Morgen zu meiner Arbeit und bemerkte, dass meine Zeichnung verändert worden war. Während ’ö-Nyi Dorje und ich mit der frühen Morgenpraxis beschäftigt waren, hatte Rinpoche daran gearbeitet.

Rinpoche schenkte mir viel Zeit und war sehr gütig zu mir, indem er mich in jedem Detail meiner Arbeit anleitete. Zuerst hatte ich mit meinem künstlerischen Bedürfnis es ‘auf meine eigene Art und Weise’ zu machen, zu kämpfen. Es scheint sehr peinlich zu sein, wenn ich heute daran denke. Ich hatte von früh an gedacht, dass ich einfach malen könnte wie es mir gefiel, ohne externe Disziplin. Fantastische Bilder füllten meinen Geist, aber mir wurde klar, dass – ohne einen Grund sie zu malen, und ohne Platz wo sie hingehen sollten, es sinnlos sein würde – genau so wie die endlosen Gedanken, die den Geist füllen und wieder vergehen. Ich brauchte eine Weile um mit meinem Thangkamalen locker zu lassen und zu entspannen – doch Ngak’chang Rinpoche hatte viel Geduld mit mir. Ich habe ein großes Verlangen zu malen – und ich finde, es macht ohne meine Lamas keinen Sinn. Meine Verbindung ist derart, dass ich ohne sie nicht malen kann.

Wenn ich heutzutage Schwierigkeiten mit dem Malen habe, erinnere ich mich daran von meinem Herzen zu malen und konzeptfrei zu malen. Ich erinnere mich an die Gesichter meiner Lamas Ngak’chang Rinpoche und Khandro Déchen und die Liebe, die ich für sie empfinde. Thangkamalen ist meine Hauptpraxis und ich nehme es in Einzelretreats mit hinein. Ngak’chang Rinpoche hat mir immer empfohlen, so viel wie ich nur kann über Thangkamalen zu erlernen – einschließlich von tibetischen Malexperten in den verschiedenen Stilrichtungen zu lernen.

Deswegen war es ein Glück für mich, als es eines Tages an der Tür klopfte – ein Thangkamaler namens Ögyen war gekommen um mich zu finden. Das ist ziemlich ungewöhnlich, da es nicht gerade viele tibetische Thangkamaler in Nordwales gibt, aber es ermöglichte mir Ngak’chang Rinpoches Anweisung zu folgen. Ögyen war 12 Jahre lang in McLeod Ganj in Himachal Pradesh, in den Ausläufern des Himalayas, in die Lehre gegangen. Dann hatte er eine junge Frau, deren Familie in Anglesey lebte, geheiratet und so lebte er eine Zeitlang ziemlich nah bei uns. Er lehrte mich sehr viel über Maltechniken und das Mischen von Farben. Ich traf Ögyen in McLeod Ganj wieder. Dorthin ging ich auf Ngak’chang Rinpoches Anweisung nach dem Ende einer Apprentice Pilgerreise nach Ladakh. In McLeod Ganj studierte ich mit einem Thangkamaler namens Tashi, der mich lehrte, wie man eine Leinwand mit Gesso grundiert und wie man Goldfarbe mischt. Dort malte ich das Thangka der Liniengeschichte von ’a-Shul Pema Legden und Aro Lingma.

Ögyen zeigte mir, wie man Farbe aus Stein mahlt (reibt) und sie mit Kleber aus Hasenhaut mischt. Die Farbe wurde in schönen kleinen Tontöpfen gemahlen und ich musste die Farbe und den Kleber in dem Topf mit meinen Fingern vermengen. Die Farbe war bereits zu Pulver zermahlen worden, aber innen war der Topf recht rau und meine Finger wurden ziemlich wund. Es schien so, als sei es ‚Thangka-Malerstolz‘, Farbe mit den Fingern zermahlen zu können (nach ein paar Jahren werden ihre Finger abgehärtet). Ich traf mehrere Thangkamaler während meiner Zeit in McLeod Ganj. Ich besuchte mehrere Schulen und sah, wie sie arbeiteten.

Obwohl ich den traditionellen Stil des tibetischen Thangkamalens schätze, war ich immer davon enttäuscht gewesen, dass die lebhafte Sexualität der Yidambilder verschleiert war. Deswegen war es mir wichtig mit Ngak’chang Rinpoche und Khandro Déchen zusammen zu arbeiten. Die Yidambilder des Aro gTér werden nicht durch Puritanismus oder zölibatere Religiosität beschränkt. Wie Khandro Déchen sie darstellt, tanzen die Yidams mit nackter Würde kühn von der Leinwand. Ngak’chang Rinpoche und Khandro Déchens Vorgehensweise beim Thangkamalen ist es, dem Vajrayana entsprechend echt zu sein – die Yidams eher als strahlende Lichtkörper darzustellen, anstatt die mehr gedämpften Farben des östlichen Stils zu benutzen. Sie betonen, dass sie kein Bedürfnis haben untraditionell zu sein – aber gemäß dem Vajrayana traditionell zu sein, kann manchmal bedeuten, nicht im tibetischen Stil zu malen.

Ngak’chang Rinpoche sagte:
Ich habe einmal Khordong gTérchen Tulku Chhi’mèd Rig’dzin Rinpoche gefragt, ob die Brüste der Dakinis als Kreise, aus symbolischen Gründen, gezeichnet werden sollten, oder ob sie akkurater dargestellt werden könnten. Chhi’mèd Rig’dzin Rinpoche lachte und sagte mir, dass sie nur als Kreise gemalt wurden, weil Mönche nicht wissen, wie Brüste aussehen – und das ich mich frei fühlen sollte, den Einfluss meines Wissens von Anatomie, und meine Erfahrung mit Aktzeichnen in der Kunstakademie zu nutzen. Ich fragte ihn auch nach den Farben der Yidams und Chhi’mèd Rig’dzin Rinpoche stimmte zu, dass sie in den puren Farben der fünf Elemente gemahlt werden sollten.

Ich schaue auf diese Zeit in unserem dunklen schwarzen Raum wie auf einen Traum zurück. Es gibt gleichzeitig sehr viel zu sagen und überhaupt nichts. Wir haben das alljährliche Thangkamalretreat, wo wir alle wieder zusammen leben – wenn auch nur für zehn Tage im Jahr, und auf den Apprentice Retreats.

Andere Thangkas von Ngakma Pema Zangmo:
Dorje Tröllö (in English only)
Yeshé Tsogyel
Ögyen Dzambhala
Aro Yeshé